Samstag, 6. Oktober 2018

Ich habe keine Angst. Die Angst ist nicht real | Berühre mich. Nicht.


Berühre mich. Nicht. von Laura Kneidl ist ein Roman, auf den ich erst kürzlich so richtig aufmerksam geworden bin. Für gewöhnlich ist New Adult nämlich nicht so mein Genre, weshalb ich auch erst auf den zweiten oder dritten Blick zu dem Roman greifen wollte. Die Geschichte hat mich aber trotzdem sehr angesprochen, denn die Protagonistin leidet unter Berührungsängsten und das ist etwas, mit dem ich mich persönlich auch sehr gut auskenne. Was es mit diesen Ängsten auf sich hat, verrate ich euch heute in diesem Beitrag.


„Ich habe keine Angst. Die Angst ist nicht real.“ – Diese Worte ruft sich die Protagonistin Sage in Laura Kneidls Berühre mich. Nicht. immer wieder ins Gedächtnis. Der Alltag ist für sie nämlich gar nicht so leicht zu bewältigen, denn sie leidet unter Berührungsängsten. Diese äußern sich vor allem bei Kontakt zu Männern. Sage hat Angst vor körperlichem Kontakt zu Männern, egal, ob es ein bloß versehentliches Rempeln auf dem Flur oder eine beabsichtigte Berührung ist. 
Ihr ist durchaus bewusst, woher diese Angst stammt. Es hat etwas mit ihm zu tun. Er hat sie verdorben. Und es ist weitaus schwieriger den Alltag zu überstehen, wenn man jedes Mal darauf achtet, keinem Mann zu nahe zu kommen, sondern jedes Mal einen Sicherheitsabstand einzuhalten oder wiederherzustellen, ohne, dass es jemand mitbekommt. Denn eines ist klar, niemand soll merken, dass mir ihr etwas nicht stimmt.
„Ich wünschte mir, all die widerlichen Gefühle und Gedanken in meiner Brust und in meinem Kopf verdrängen zu können. Ich wollte nichts mehr spüren und nicht mehr denken. Ich wollte leer sein, eine Hülle, um den Schmerz nicht ertragen zu müssen. Ich wollte, dass mein Verstand aufhörte zu arbeiten und die Notbremse zog. Ich wollte eine Mauer um mich errichten, damit mir alles egal sein konnte. Aber meine Psyche war ein Arschloch, und mir war nichts egal, und ich konnte nichts vergessen.“
Laura Kneidl: Berühre mich. Nicht., S. 377
Sage und ihre Ängste sind etwas, mit dem ich nur allzu gut vertraut bin – denn auch ich leide unter Berührungsängsten. Zwar nicht auf dieselbe Weise wie Sage, denn bei mir bezieht sich das sowohl auf Männer als auch auf Frauen, unabhängig davon ob es Fremde oder Freunde sind und auch nicht aus demselben Grund, aber ich konnte mich dennoch unheimlich gut mit ihr identifizieren. Jeden Gedanken, den Sage hatte sowie ihr Handeln konnte ich total gut nachempfinden. Diese Angst ist etwas, was einen augenscheinlich von anderen isoliert. Man hat das Gefühl, sich niemandem so richtig nähern zu können, auf welche Art auch immer und ob man es glaubt oder nicht, das kann wahnsinnig belastend sein. Denn manchmal möchte man sich durch eine körperliche Berührung nähern, aber die Angst hält einen zurück.
Mir hat die Darstellung, wie Sage mit ihren Ängsten umgeht, wie sie sie beeinflussen, unheimlich gut gefallen, denn sie ist für mich so wahnsinnig realitätsnah. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Autorin hätte in Wahrheit in meinen Kopf geguckt und über mich geschrieben, auch wenn es immer noch grundlegende Unterschiede zwischen Sage und mir gibt.

Es kam bisher sehr selten vor, dass mich eine Protagonistin so sehr begeistert hat wie Sage. Ich konnte jeden einzelnen ihrer Gedanken nachvollziehen. Nicht selten habe ich mit Tränen in den Augen vor dem Buch in meinen Händen gesessen und gedacht: „Verdammt, ganz genau so geht es mir auch.“ Selten habe ich mich von einem Buch so verstanden gefühlt wie von Berühre mich. Nicht.
Besonders in der heutigen Zeit, in der immer häufiger auch offen über Mental Health gesprochen wird, hat dieser Roman einen besonderen Platz verdient, denn er klärt über Probleme auf, ohne es einem aufzudrängen und er zeigt außerdem, dass auch bei jemandem, der nach außen hin völlig gesund zu sein scheint, nicht immer alles in Ordnung ist. Manchmal ist man eben nur zu gut darin geworden, es zu überspielen.


GEDANKEN NACH DEM LESEN


  • Wow, war das gut. 
  • Sage ist einfach so relatable. Ich habe noch nie einen Buchcharakter erlebt, mit dem ich so sehr mitfühlen konnte und den ich so gut verstanden habe. 
  • Wie relatable dieses Ende ist. Ich hätte einfach ganz genauso gehandelt. 
  • Wie unfassbar gut mit den Berührungsängsten umgegangen wird. Ich bin begeistert.
  • Ich möchte Laura Kneidl gerne persönlich für dieses Buch danken.
  • Ich muss jetzt unbedingt Band 2 lesen. Ich möchte, das alles gut wird.


ZUSAMMENFASSUNG

Berühre mich. Nicht. ist ein ausgefallener New Adult Roman, der nicht nur durch die Thematisierung von Berührungsängsten besticht, sondern natürlich auch eine packende Liebesgeschichte in petto hat. Dass die Liebe mit den Ängsten nicht so leicht konform geht, kann man sich wohl vorstellen. Inwiefern und ob das überhaupt geht, das verrate ich euch an der Stelle nicht. Das sollt ihr beim Lesen selbst herausfinden.
Obwohl mir manche Passagen doch etwas langatmig erzählt waren und gerne auch etwas kürzer hätten sein können, bin ich hellauf begeistert von Berühre mich. Nicht. Mir gefällt vor allem auch der Schreibstil. Vielleicht auch, weil ich mich persönlich so gut in Sage wiederfinden konnte, denn der Roman wird schließlich aus ihrer Sicht erzählt. Demnach erhält man einen sehr guten Einblick darin, wie sich ihre Angst äußert und was sie in den Moment empfindet, in denen die Angst Überhand nimmt. Das alles ist für mich sehr realistisch dargestellt und hat mir Sage daher noch näher gebracht. Vielleicht hat Laura Kneidl aber auch bloß die richtigen Worte gefunden, um mir beim Lesen sämtliche Emotionen zu entlocken.
Aber auch die anderen Charaktere in dem Roman haben mir gut gefallen. Dadurch, dass es quasi nur eine Hand voll Charaktere gibt, die alle eine wesentliche Rolle im Roman spielen, wirkt es nicht zu überladen und die einzelnen Figuren bekommen mehr Tiefe, denn man kann sich voll und ganz auf sie konzentrieren.

Prinzipiell kann ich Berühre mich. Nicht. von Laura Kneidl jedem empfehlen, der auf der Suche nach einem etwas anderen New Adult Roman ist und sich vor allem auch mit Mental Health, und genauer mit Berührungsängsten, auseinandersetzen möchte, denn die sind ein so wesentlicher Teil des Romans, wie sie es auch in Sages Leben sind und das ist auch gut so. Berühre mich. Nicht. hat sich zu einem meiner Herzensbücher entwickelt, das mir persönlich Kraft und auch Hoffnung gibt. Daher gibt es auch nicht weniger als fünf von fünf Kreuzen für diesen Roman.




BUCHDETAILS

Titel: Berühre mich. Nicht
Autor: Laura Kneidl
Verlag: LYX
Preis: 12,90€
Sonstiges: Klappenbroschur, 462 Seiten

Die Buchdetails sind der Webseite von Bastei Lübbe entnommen.

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