Donnerstag, 19. April 2018

Rezension: Dumplin'


Heute habe ich für euch einen Roman, auf den ich mich persönlich schon sehr gefreut habe, denn er ist von seiner Thematik her brandaktuell. In Dumplin' von Julie Murphy geht es nämlich um Body Shaming, womit unter anderem die Protagonistin Willowdean zu kämpfen hat. Wieso, weshalb, warum erzählte ich euch in meiner Rezension.



WORUM GEHT ES?

In Clover City dreht sich einmal jährlich alles um den berühmt berüchtigten Miss Teen Blue Bonnet-Schönheitswettbewerb. Natürlich gibt es zu dieser Zeit kein anderes Thema in der Stadt. Die 16-jährige Willowdean hat damit eigentlich wenig am Hut. Zwar ist ihre Mutter, eine ehemalige Miss Teen Blue Bonnet, Initiatorin und Organisatorin des Schönheitswettbewerbs, Willowdean kann diesem Wahnsinn allerdings nichts abgewinnen. Das liegt vor allem daran, dass sie nicht dem typischen Schönheitsideal entspricht, der bei diesem Wettstreit vorausgesetzt wird.
Eigentlich hat Willowdean kein Problem mit ihrem Körper. Ihr ist bewusst, dass sie keine Modelmaße besitzt, doch als sie zum ersten Mal Gefühle für einen Jungen entwickelt, beginnen die Selbstzweifel an ihr zu nagen. Um dem Ganzen zu trotzen, entscheidet sie sich schließlich dazu, in diesem Jahr am Miss Teen Blue Bonnet-Schönheitswettbewerb teilzunehmen und erntet dafür natürlich enorm schräge Blicke - nicht zuletzt von ihrer eigenen Mutter.  


REZENSION

Body Shaming ist heutzutage, dank der Vernetzung durch das Internet, leichter und weitreichender denn je. Egal, ob jemand schlank oder kräftiger gebaut ist - es gibt immer mindestens eine Person, die etwas am Aussehen eines anderen zu meckern hat und dies auch öffentlich tut. Umso wichtiger ist es, dem entgegen zu wirken! Statt Body Shaming sollte sich jeder einzelne viel mehr auf Body Positivity konzentrieren!
Genau damit befasst sich auch Julie Murphys Roman Dumplin'. Mit Willowdean haben wir eine Protagonistin, die nicht dem klassischen Schönheitsideal entspricht, denn sie ist nicht schlank. Das war schon immer so und eigentlich hat sie damit auch kein Problem. Sie hat nun mal eben weibliche Rundungen und das hält sie gewiss auch nicht davon ab, einen Badeanzug anzuziehen, wenn sie ins Schwimmbad geht. Allerdings stößt sie immer wieder auf Ablehnung - durch Mitschüler, die fiese Sprüche über ihre Statur loslassen oder auch durch ihre eigene Mutter, die selbst dem Schönheitswahn erlegen ist und sich deshalb für ihre Tochter ohne Modelmaße regelrecht schämt.
„Wenn jemand einen ansieht, sieht er nur, was an der Oberfläche ist und verpasst oft viele Einzelheiten. Wenn jemand einen sieht, sieht er, wer man ist, was einen tatsächlich ausmacht. Er sieht mehr als das, was vor ihm ist.“
Julie Murphy, Dumplin'(S. 65)
Mir hat es gut gefallen, wie in dem Roman mit Body Shaming umgegangen. Das Problem an Schulen wird realistisch dargestellt - leider muss man fast sagen. Auch ich habe meine Erfahrungen in der Schulzeit damit gemacht und konnte das alles gut nachvollziehen.
Als jemand, der aus Büchern gerne etwas mitnimmt, sei es in Form von Botschaften, die zwischen den Zeilen stehen oder generell Zitaten, bietet Dumplin' gleich eine ganze Bandbreite davon. Ich habe mir alle paar Seiten eine Stelle angestrichen, die mir besonders gefallen hat, weil es nun mal wahr und richtig ist, was dort gesagt wird.
Dumplin' ist ein Roman, der nicht nur Body Positivity versprüht, sondern auch zur Akzeptanz aufruft. Es geht nicht darum, wie jemand anderes aussieht. Man sollte niemanden darauf beschränken, wie er oder sie aussieht, denn unter der Oberfläche kann stets ein ganz toller Mensch stecken. Ich hoffe sehr, dass viele junge Mädchen und auch Jungen, diesen Roman lesen und sich zu Herzen nehmen, was dort geschrieben steht. Es geht nicht darum, wie jemand aussieht, es kommt auf den Menschen an.
„Ich glaube, manchmal besteht die Vollkommenheit, die wir an anderen sehen, in Wahrheit aus vielen kleinen Unvollkommenheiten, weil an manchen Tagen das verdammte Kleid einfach nicht zugehen will.“
Julie Murphy, Dumplin' (S. 392)
Von allen Charakteren, die im Roman mitwirken, hat mir Willowdean tatsächlich am besten gefallen. Da der Roman aus ihrer Perspektive geschrieben ist, bekommt man die Chance, mehr in sie und ihre Gefühlswelt hineinzusehen. Selten habe ich mich von einer Protagonistin so gut verstanden gefühlt. Vieles, worüber sich Willowdean Gedanken gemacht hat, war auch etwas, über das ich selbst schon oft nachgedacht habe. Ich konnte mich wahnsinnig gut in sie hineinfühlen und habe sie verstanden. Witzigerweise habe ich sie mir sogar stets mit dunklen Haaren vorgestellt, weil ich sie so sehr mit mir selbst assoziiert habe.
Wen ich dagegen gar nicht mochte, war ihre beste Freundin. Ellen hat mich teilweise sehr wütend gemacht, weil sie sich so wahnsinnig reif und überlegen fühlte, es aber natürlich gar nicht war. Bis zu ihrem Streit mit Willowdean fand ich sie eigentlich noch einigermaßen in Ordnung, danach hat sie es bei mir aber ordentlich versaut, weil sie schlichtweg egoistisch war.
Auch Willowdeans Mutter war einfach nur furchtbar. Wie sie ihre Tochter immer wieder unterschwellig zu einer Diät überreden wollte, war ganz furchtbar. Ich habe sie jedes Mal an den Schultern packen und wachrütteln wollen. Dieser Wettbewerb und ihr eigener, damit verbundener, Schönheitswahn waren ihr wichtiger, als ihre Tochter so zu akzeptieren, wie sie ist.

Auch Willowdeans Beziehungen zu Bo und Mitch fand ich nicht so prickelnd. Natürlich spielt die Geschichte in der High School, Dramen, ganz besonders Beziehungsdramen sind da also vorprogrammiert. Mir hat aber nicht gefallen, wie das in die Geschichte eingebunden wurde. Das war mir teilweise schon ein bisschen überdramatisiert. Es wurde viel Lärm um nichts gemacht. Mit Bo bin ich allerdings bis zum Schluss nicht richtig warm geworden.

Könnte ich Willowdean einen Rat geben, würde ich ihr sagen, dass sie mit den anderen Außerseiter-Mädchen am besten dran ist, denn sie haben sich allesamt als viel bessere Freundinnen erwiesen, denen Zusammenhalt untereinander auch wichtig ist. Ich fand es schön, dass Willowdean, wenn auch unfreiwillig, als Beispiel für die anderen vorangegangen ist, sie sich am Ende aber eben auf gleicher Höhe befanden. Generell mochte ich das Konzept, dass sich die Außenseiter zusammentun und all ihren Gegner strotzen. Das war eine tolle Lösung.
[...], aber mich erinnert das Lied auch immer daran, dass es, ganz egal, wer man ist, immer jemanden geben wird, der hübscher oder schlauer oder dünner ist. Perfektion ist nur ein flüchtiges Phantom, dem wir alle hinterher jagen.“
Julie Murphy, Dumplin' (S. 228)
Ein wenig enttäuscht war ich allerdings, wie der Roman geendet hat. Die ganze Zeit wird viel Spannung in Bezug auf den Schönheitswettbewerb aufgebaut, am Ende kam es mir allerdings so vor, als wollte man den auf so wenig Seiten wie möglich quetschen, weil es plötzlich gar nicht mehr so wichtig war. Irgendwie hätte ich mir noch etwas mehr dazu gewünscht, ganz besonders, was für Nachwirkungen es für die Mädchen hatte. Wie hat sich ihr Leben dadurch verändert?
Ich bin durchaus damit zufrieden, wie es für Willowdean geendet hat, hätte mir generell aber eben einen runderen Abschluss gewünscht.


FAZIT

Autorin Julie Murphy hat mit Dumplin' einen guten Roman geschaffen, der das leider doch weit verbreitete Problem des Body Shamings aufgreift und animiert dazu, Menschen nicht bloß auf ihr Äußeres zu reduzieren. Für mich ist Dumplin' ein schönes Beispiel für jemanden, der aufgrund seiner Statur gemobbt wurde, sich davon aber nicht herunterziehen lässt, sondern eher das Beste daraus macht und den ganzen Mobbern strotzt. Trotz einiger Schwächen kann ich Dumplin' wärmsten weiterempfehlen, denn wirklich jeder kann aus diesem Roman etwas für sich mitnehmen. Deshalb vergebe ich vier von fünf Kreuzen für Julie Murphys Dumplin'.



BUCHDETAILS

Titel: Dumplin
Autor: Julie Murphy
Übersetzung: Kattrin Stier
Verlag: Fischer FJB
Preis: 18,99€
Sonstiges: Hardcover, 400 Seiten


Die Buchdetails sind der Webseite der Fischer Verlage entnommen.
Vielen Dank an Sophie Strauss und Fischer FJB für das Rezensionsexemplar!

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